Montag, 7. Juli 2014

Call me, baby!

Seit ziemlich genau drei Jahren läuft unser Leben auf diesen einen Termin hinaus, teilt sich in "davor" und "danach". Wir hatten in den letzten Jahren schon mehrere Schritte, mehrere Operationen und mehrere "danachs", aber von vornherein war klar, daß dieser (vorerst) letzte Schritt nochmal ein ganz großer wird, sowohl für das Löwenherz als auch für den Rest der Familie.

Nachdem ich seit Mai weiß, daß der Termin kommen wird, er aber nicht kam, habe ich heute in der Klinik angerufen und mal nachgehakt. Es stellte sich heraus, daß sie uns vor Wochen schon angerufen und um Rückruf gebeten haben, was auch prima geklappt hätte, wenn ich mir keine neue Handynummer zugelegt hätte oder wenigstens daran gedacht hatte, daß in der Klinik nur die alte vorliegt. Die rheinische Frohnatur am anderen Ende sah das aber ganz locker und sie fand mich auch nur ein bisschen doof, als ich ihr eröffnete, daß sie die Nummer immer noch nicht bekommt, weil ich mit dem Mobilteil, in dem sie einprogrammiert ist, gerade telefonierte und zwar mit ihr.
Immerhin konnte ich ihr die anderen Informationen aber liefern (Magensonde: hamwa nicht, PEG: hamwa nicht, Medikamente: nur Aspirin) und mir notieren, was wir alles mitbringen müssen. Neben den bekannten Dingen wie Einweisung und Kassenkarte müssen wir vorab noch zum Zahnarzt, um eine Kariesfreiheitsbescheinigung zu holen, in der die Freiheit von Karies der Löwenherz'schen Zähne bescheinigt wird. Und zum Friseur, das sage aber ich, nicht die rheinische Dame.

In genau fünf Wochen rücken wir also ein, bis dahin hab ich noch genug Zeit, alles zu organisieren und mich ein bisschen reinzusteigern.

Abgesehen davon ist heute der Wummel aus dem Kurzurlaub mit den Schwiegergroßeltern zurückgekommen, wohlgenährt und voller wichtiger Informationen, bei deren Übermittlung er mir das eine und einen Teil vom anderen Ohr abgekaut hat. Das hat mir gefehlt.

Sonntag, 6. Juli 2014

Im Hinterland

Die Kronprinzessin war ja nun schon mehrfach schwer beleidigt, weil ich sie zu Konzerten nicht mitgenommen habe. Da hatte ich aber schon immer Gründe; zu einem rumpeligen Clubkonzert, bei dem mit Gerangel zu rechnen ist, muss ich eine Dreizehnjährige nicht mitschleppen.
Gestern hab ich sie aber mitgenommen, Hip Hop Open klang vergleichsweise relaxt, war mit einem Tag auch überschaubar und war wohl unsere letzte Chance dieses Jahr nochmal Casper live zu sehen.

Mit dem Zug nach Stuttgart ist ja so gar kein Thema, und weil Mama weiß, was Teenies wollen, haben wir einen kleinen Überraschungsabstecher zu Dunkin' Donuts gemacht und das Kind mit süßem Gelatsche versorgt. Wir waren dann immer noch rechtzeitig zu den Orsons auf dem Gelände (zu denen ich ein "Wieso hast du mir nicht erzählt, daß die so cool sind?" kassiert habe, aber daß sie mir jegliche Ahnung in allen Lebensbereichen abspricht, ist ja bekannt) und haben uns danach noch ein paar Auftritte angeguckt, uns durch die Fressmeile gefuttert und uns beizeiten nach vorne durchgedrängelt. Das Kind wollte dringend ganzganz vor, also sind wir bei Nas schon am Eingang zum Front-of-stage-Bereich rumgelungert und irgendwann mit reingerutscht.

In meinem biblischen Alter hab ich ja schon etliche Konzerte aus verschiedensten Genres gesehen, aber ich kann an einer Hand abzählen, wer live in einer Liga mit Casper spielt. Ich behaupte, daß das nichts ist, was man lernen kann, dieses Spiel mit dem Publikum muss man mitbringen. Im Vorfeld wurde ja viel genölt, wieso nicht Nas der Headliner ist, der sei doch viel bekannter und Ami auch und überhaupt so real. Oder so. Ich denke, daß man damit dem Herrn damit keinen Gefallen getan hätte. Nach dem phänomenalen Auftritt mit richtiger Band (ich bin ja eher ein Rockkind, mit einem Hampelmann und einem DJ hab ich's eher nicht so) mit Feuerwerk und Ausflippen, kann man als Ein-Mann-Erzähler imho nur verlieren.

Während ich damals als Begleitperson bei Justin Bieber übrigens noch in entsetzte Augen geschaut habe ("Mama, die gucken schon!"), war ich gestern doch angetan, daß mein Kind ordentlich mitgefeiert hat. Überrascht war ich erst nach dem Konzert, mit Schluchzen und Tränen hab ich nicht gerechnet, aber mit Dreizehn kann einen das schon mal mitnehmen. Also: Ich nehm sie wieder mit. Und Taschentücher.